Kurioses, Alltägliches und Vergessenes wird am Ostersonntag in Schäfers DDR-Museum gezeigt Als man die Batteriespannung mit der Zunge prüfte
"Wegen Inventur geschlossen" heißt die aktuelle Sonderausstellung im DDR-Museum von Simone und Axel Schäfer. Am Ostersonntag ist das Haus auf dem Barbyer Markt 8a geöffnet.
Barby l In den 1960er und 1970er Jahren gab es kaum einen Haushalt, der für sein Fernsehgerät keinen Spannungsregler brauchte. In "Spitzenzeiten", wenn die Netzspannung von 220 auf 200, ja sogar 190 Volt fiel, transformierte der "Stromregler" sie wieder auf Sollstärke. Andernfalls rollte das Fernsehbild infolge mangelhafter Röhrenheizung oder es blieb so flau, wie der Magen einer Werktätigen nach der Frauentagsfeier.
"So eine Kofferheule war immer mein Traum"
"Wenn jüngere Leute zu uns kommen, können sie mit dem Thema Spannungsregler überhaupt nichts angefangen", erklärt Axel Schäfer (50). Zusammen mit seiner Ehefrau Simone (48) sammelt er seit Jahren alles, "wo DDR drauf steht".
Weil ihr Wohnhaus an der Gethsemanestraße aus allen Nähten platzte, kauften sich die beiden eine ehemalige Tischlerei auf dem Marktplatz. "Wie viele Ausstellungsstücke wir haben? Das kann ich auf Anhieb nicht sagen", nimmt Simone Schäfer die typische Pressefrage vorweg.
Jedenfalls werden es immer mehr Räume, die der gelernte Tischler Axel aus-, um- und neu baut, die dann Alltagsgegenstände aus einer längst vergangenen Zeit beherbergen. "Wir möchten Erinnerungen bei den Älteren wecken, jüngeren Leuten einen Einblick in den Alltag ihrer Eltern und Großeltern geben", macht Simone Schäfer eine raumgreifende Bewegung.
Und dazu gehöre eben auch jener Raum, in dem Fernseher, Tonbandgeräte, Plattenspieler oder Kofferradios mit umfangreichem Zubehör zu sehen sind.
"So eine Kofferheule war immer mein Traum", zeigt die 48-Jährige auf ein Gerät aus dem Hause "VEB Sternradio". Die größeren Jungen schleppten diese schuhkartongroßen Dinger immer mit sich herum und beschallten sehr zur "Freude" der Erwachsenen die Straßen. Deshalb sei sie als 12-Jährige so gerne zu ihrem Opa gefahren, der auch ein großes Kofferradio hatte, mit dem man in der Stadt angeben konnte.
Die "Kofferheulen" tauchten mit Beginn der Beat-Welle an den Treffpunkten von Jugendlichen auf. "Nun ist es den jungen Leuten möglich, ihre geliebte Musik unabhängig von Plattenspielern an jedem beliebigen Ort zu hören.
Nicht selten kommen sie dabei in Konflikt mit der Elterngeneration, die wenig Verständnis für die neue Musikrichtung entwickelt", heißt es in einer Schrift von 1963. Diese Radios waren klassische Geschenke zu Jugendweihen, wenn es sich die Eltern leisten konnten oder die Geld schenkende Verwandtschaft groß genug war.
"... ob auf der Flachbatterie Saft war?"
Auch der innovative Barbyer Rundfunkmeister Erwin Gaßler war auf diesen Zug aufgesprungen. Neben Fernsehgeräten und großen Röhrenradios baute er auch kleine Kofferradios.
Werbeschilder und Fotos seines Ladens in der Schulstraße/Ecke Breitscheidstraße verleihen Schäfers Ausstellung Lokalkolorit.
Gaßler kaufte Gehäuse industrieller Hersteller, stattete ihr elektronisches Innenleben aber nach eigener Machart aus. Was heute nach "China-Prinzip" klingt, war in Zeiten des Mangels legal und sogar erwünscht.
Simone und Axel Schäfers Sammlung steht auf breiten Füßen. In der Abteilung Unterhaltungselektronik werden sogar über zwei Dutzend Batterien unterschiedlicher Formate gezeigt.
"Kannst du dich noch daran erinnern, wie man prüfte, ob auf der Flachbatterie Saft war?", fragt Simone Schäfer und lächelt dabei ihren Gatten an. "Klar, die testete man mit der Zuge", sagt er und grinst wissend zurück. Je nachdem, wie dolle es "zuckte", war Spannung vorhanden.
Eine Methode, die in Zeiten von MP-3-Player und Atomstrom-Ausstieg für junge Ohren klingt wie Zähneziehen durch den Barbier.
Das Haus Markt 8 in Barby befindet sich auf dem Hof. Geöffnet ist am Ostersonntag von 13.30 bis 17 Uhr. Telefon: (039298) 7746, Handy (0163) 6041706