Landkreis Stendal arbeitet an Konzept für eine verstärkt dezentrale Unterbringung von Familien Asylbewerber bald auf Wohnungssuche
Stendal l Die Einquartierung von Asylbewerbern in sogenannte Gemeinschaftsunterkünften ist von je her umstritten. Mit einer Leitlinie des Landes soll es den Menschen nun verstärkt ermöglicht werden, sich eigene Wohnungen zu suchen.
Seit acht Jahren lebt der 36-jährige Adem Sahiti mit seiner Frau Drita und sechs Kindern im Asylbewerberheim in Stendal am Möringer Weg. "Wir würden schon ganz gerne in die Innenstadt ziehen", sagt der Mann, der aus dem Kosovo nach Deutschland flüchtete. Die Familie lebt in einer Dreizimmerwohnung, zwei Schlafzimmer für jeweils drei Kinder, die Eltern schlafen auf einer ausziehbaren Couch im Wohnzimmer. "Die Wohnung ist ganz gut, nur ein bisschen eng", sagt der Familienvater bei einem Rundgang durch die sehr aufgeräumte und saubere Wohnung.
Zwei Familien lebten 15 Jahre in Stendaler Heim
Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird die Familie aus dem Kosovo tatsächlich umziehen können. Beim Landkreis Stendal wird an einem Konzept gearbeitet, um mehr Asylbewerbern und Menschen ohne feste Aufenthaltserlaubnis dezentral unterzubringen. Dabei wird eine neue Leitlinie des Landes umgesetzt (die Volksstimme berichtete). "Wir möchten das Konzept ab Oktober anlaufen lassen", sagt Claudia Lange von der Ausländerbehörde des Landkreises Stendal. Die Leitlinie habe insbesondere das Wohl von Familien und damit der Kinder im Auge, sagt Lange. In der Stendaler Gemeinschaftsunterkunft, wie das Asylbewerberheim heißt, leben 239 Personen, von denen rund 100 unter 18 Jahre alt sind.
"Nach den neuen Leitlinien für die Unterbringung ist für eine derart große Familie wie die von Adem Sahiti eine 130 Quadratmeter große Wohnung vorgesehen", sagt Heimleiter Jochen Heindorff. Derzeit sind es weit weniger.
Das Asylbewerberheim, das in Stendal seit 1998 existiert, ist ein ehemaliger Wohnkomplex der Sowjetarmee. "Mit standardmäßigen Dreizimmerwohnungen ist das Heim prädestiniert für Familien", sagt Heimleiter und Sozialarbeiter Heindorff. Traditionell werden vom zentralen Landesverwaltungsamt in Halberstadt daher vorwiegend Familien mit Kindern nach Stendal zugewiesen. Zwei Familien aus Jugoslawien haben sage und schreibe 15 Jahre in dem Heim gelebt und sind gerade ausgezogen.
Heindorff rechnet damit, dass es zu einer Verschiebung hin zur dezentralen Unterbringung kommen wird. Nach der Leitlinie sollen Familien maximal nur noch sechs Monate in Gemeinschaftsunterkünften, einquartiert werden.
"Der Grundgedanke ist ein selbstbestimmtes Leben", sagt Claudia Lange. Der Landkreis arbeite an der Umsetzung. Die Wohnungssuche werde den Menschen selbst überlassen. "Wir unterstützen sie, soweit dies erforderlich ist", sagt Heindorff. Dass es für sie möglich ist, tatsächlich auch Wohnungen zu finden, zeige sich immer wieder bei Menschen, denen eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde und die daher schon per Gesetz die Gemeinschaftsunterkunft verlassen müssen.
Die Gemeinschaftsunterkünfte stünden zwar immer wieder in der Kritik, sagt Heindorff. Durch sie könne aber - zumindest in Stendal - eine bessere Betreuung der dort lebenden Menschen gewährleistet werden. "Die Sozialarbeiter sind immer ansprechbar, auch eine Hausaufgabenhilfe für die Kinder ist eingerichtet." In Stendal sei das Heim auch weniger am Stadtrand als andernorts. "Kindergärten, Schulen und Ärzte sind ganz in der Nähe", sagt Heindorff.
Nach Angaben von Claudia Lange sind im Landkreis Stendal bereits jetzt 52 Asylbewerber mit Ausnahmegenehmigungen in eigenen Wohnungen außerhalb der Gemeinschaftsunterkunft untergebracht.