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Förderverein der Miriam-Lundner-Schule erhält Innovationspreis Soziokultur / Jury würdigt Theaterprojekt Harzer Inklusionsprojekt in Berlin geehrt

Von Jörn Wegner 02.05.2015, 03:22

Große Ehre und Würdigung für den Miriam-Lundner-Förderverein: Den Halberstädtern ist in der Bundeshauptstadt der Innovationspreis Soziokultur verliehen worden. Den mit 18 000 Euro dotierten Preis teilen sich die Harzer mit zwei weiteren Projekt-Trägern.

Berlin/Halberstadt l Einmal im Jahr wird der Innovationspreis Soziokultur vergeben, immer steht er unter einem anderen Motto. In diesem Jahr hieß dieses "Inklusion". Drei Preisträger hat der tragende Fonds Soziokultur letztlich ausgewählt: das Netzwerk "Barner 16" aus Hamburg, die Initiative "Kreativität inklusive" aus Dortmund und den Förderverein der Miriam-Lundner-Grundschule in Halberstadt. Am Mittwochabend ist der Preis in Berlin verliehen worden. Das Ambiente der Veranstaltung war passend: das kleine auf einem Kreuzberger Hinterhof gelegene Theater Thikwa, das als erstes barrierefreies Theater Deutschlands gilt.

Der Preis richte sich an Initiativen und Projekte, die nicht im Rampenlicht stehen, sagt Klaus Kussauer vom Fonds Soziokultur im Volksstimme-Gespräch. Ein besonderes Augenmerk werde dabei auf Projekte im ländlichen Raum gelegt. "Sie betreiben Bewusstseinsbildung", sagt die Bundesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung, Verena Bentele, in ihrem Grußwort. In der Kultur könne man "Inklusion erlebbar machen".

Wie Inklusion praktisch funktionieren kann, zeigt ein Theater-Projekt mit Schülern der Halberstädter Miriam-Lundner-Grundschule und dem St.-Josef-Haus der Caritas, einem Wohnheim für Kinder mit geistigen Behinderungen, die tagsüber die Reinhard-Lakomy-Schule besuchen. Gemeinsam haben die Kinder ein Theaterstück zum Thema Zeit eingeprobt.

Vor allem in den Winterferien 2013 bedeutete dies für die Schüler mit und ohne Behinderung viel Arbeit, bis endlich das fertige Stück in der Turnhalle der Miriam-Lundner-Grundschule uraufgeführt werden konnte. Es folgten weitere Präsentationen.

Doch mit dem letzten Vorhang war das Projekt nicht zu Ende, berichtet Katja Mokosch vom Förderverein der Lundner-Schule. Noch immer gebe es Treffen und Kontakte zwischen den Kindern, auch ihre Freizeit würden viele der Schüler miteinander gestalten. Die Beteiligten wollen daher ihre Arbeit nicht beenden, das neue Ziel sei, noch einmal ein größeres Projekt zu stemmen, sagt Katja Mokosch.

Berührungsängste habe es kaum gegeben, unterstreicht Katja Mokosch: "Die Hemmschwelle wird durch Spielen und Basteln abgebaut" und "Sie machen es einfach, weil sie Kinder sind."

Das alles koste viel Geld. Nicht nur das Material musste bezahlt werden, auch die professionelle Unterstützung einer Theaterpädagogin war für das Gelingen notwendig. Finanziell beteiligten sich die Halberstadtwerke, die Harzsparkasse, die Landtagsfraktion der Linken, der Fonds Soziokultur und natürlich der Förderverein der Lundner-Schule. Auch der mit 18 000 Euro dotierte Innovationspreis - den sich die drei Preisträger teilen - sei für die Projektkasse von großer Bedeutung, heißt es.

Auch die anderen beiden Ausgezeichneten überzeugten die Jury mit künstlerischen Konzepten. "Der kleine Prinz in der Fassung der UN-Behindertenrechtskonvention" ist ein Projekt der Initiative "Kreativität inklusive" aus Dortmund. Die Aufführung des Kinderbuchklassikers sei ein voller Erfolg gewesen, sagt Johannes Willenberg. Geärgert habe ihn lediglich, dass die lokale Presse keinerlei Notiz von der Aufführung genommen habe.

Der Projektkoordinator ist selbst blind. "Wenn ein Blinder mit einem Taubstummen kommunizieren will, ist das äußerst kompliziert", sagt Willenberg. Der Blinde müsse den Taubstummen beim Sprechen ansehen, kann diesen aber gar nicht verorten. Wegen Problemen wie diesen hätten einige Mitwirkende vorzeitig aufgegeben, berichtet Willenberg.

Das Netzwerk "Barner 16" ist für ein inklusives Street-Art-Musical ausgezeichnet worden. Mit rund 20 Jugendlichen, mit und ohne Handicap, haben die Hamburger eine moderne Adaption von "Hänsel und Gretel" entwickelt. Das Musical sei dabei nur ein Teil der zahlreichen Projekte, sagt Christoph Grothaus. So sorgten die Hamburger mit der Gruppe "Sandy" für die musikalische Untermalung der Preisverleihung im Thikwa-Theater. Die Band aus behinderten und nicht behinderten Musikern präsentierte eine interessante Mischung aus Punk- und Brachialrock.