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Oberlandesgericht Celle Angeklagte verneint Mitwirken an „Reichsbürger“-Verschwörung

Eine Frau aus dem Landkreis Hildesheim soll einen gewaltsamen Umsturz der Bundesregierung mitgeplant haben. Allerdings informierte sie selbst die Polizei. Im Prozess bestreitet sie die Vorwürfe.

Von dpa 12.02.2025, 13:24
Die Angeklagte, die Mitglied der „Kaiserreichsgruppe“ gewesen sein soll, wird von Rechtsanwalt Fuat Yalti verteidigt. (Archivbild)
Die Angeklagte, die Mitglied der „Kaiserreichsgruppe“ gewesen sein soll, wird von Rechtsanwalt Fuat Yalti verteidigt. (Archivbild) Christina Sticht/dpa

Celle - Im Terrorismus-Prozess um einen von „Reichsbürgern“ geplanten Umsturz hat die 39 Jahre alte Angeklagte alle Vorwürfe bestritten. Im Oberlandesgericht Celle schilderte die Frau aus dem Landkreis Hildesheim ausführlich, wie sie von der „Kaiserreichsgruppe“ angeworben werden sollte. „Ich war nie Mitglied bei denen“, betonte die selbstsicher auftretende Angeklagte. Als bei einem Treffen im thüringischen Schlotheim im Januar 2022 die Pläne der Gruppe vorgestellt worden seien, habe sie diese zunächst nicht ernst genommen und sich gefühlt „wie in einem falschen Film“.

Die Verschwörer sollen 2022 einen gewaltsamen Sturz der Bundesregierung geplant haben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sollte entführt und ein bundesweiter Stromausfall herbeigeführt werden. Die Angeklagte berichtete von dem Treffen: „Die sind völlig gewissenlos gewesen, denen war völlig egal, dass Menschen sterben werden.“ Den Tod von Menschen etwa auf Intensivstationen infolge des Stromausfalls hätten sie in Kauf genommen. 

Der 39-Jährigen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Zudem wird ihr die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens sowie der Besitz eines Schlagrings zur Last gelegt.

39-Jährige hat noch heute Angst um ihr Leben

Am ersten Prozesstag vor drei Wochen hatte eine Polizistin als Zeugin ausgesagt. Die Angeklagte sei im Februar 2022 am Rande einer Corona-Demonstration in Sarstedt auf sie zugekommen und habe vor einem geplanten Verbrechen gewarnt, berichtete die Polizistin. Sie habe sehr aufgeregt gewirkt und gesagt, dass sie Angst um ihr Leben habe. 

Die Angeklagte sagte nun, dass sie immer noch Angst habe, dass ihr etwas zustoße. Im Umfeld der Verschwörer habe es für den Kampf speziell ausgebildete Soldaten und Legionäre gegeben, sagte die Frau. Deshalb sei sie auch nicht tagsüber zu einer Polizeiwache gegangen und habe Anzeige erstattet. Bei der Corona-Demo hätte ihr Gespräch mit der Polizistin auch eine polizeiliche Maßnahme gewesen sein können.

Veteranengruppe organisierte „Zeltlager für Erwachsene“

Nach eigenen Angaben war die 39-Jährige zunächst bei Demonstrationen gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen aktiv und später Administratorin von diversen Chat-Gruppen bei Telegram. Bei diesem „Reichsbürger“-Zeug sei sie nicht so im Thema, sagte sie. In der Veteranengruppe sei es zunächst um den Austausch und gemeinsame Aktionen wie Biwaks, also „Zeltlager für Erwachsene“, gegangen, „an sich ’ne schöne Sache“. Als Administratorin habe sie darauf geachtet, dass Beleidigungen, Bedrohungen und Hetze innerhalb der Chat-Gruppen sanktioniert würden.

Der Vorsitzende Richter Frank Rosenow konfrontierte die Angeklagte mit Passagen aus Chats, die nahelegen, dass sie Untergruppen für die Verschwörer einrichten sowie SIM-Karten aus dem Ausland besorgen sollte. Auch fragte der Richter, warum die Frau zu einem Treffen im niedersächsischen Verden fuhr und noch im April 2022 Kontakt zu einem führenden Mitglied der „Kaiserreichsgruppe“ hatte. 

Die 39-Jährige sagte, sie habe sich mehrfach mit einer Kontaktbeamtin getroffen und vorgehabt, für die polizeilichen Ermittlungen mehr Informationen herauszubekommen. Als V-Person kam sie allerdings laut einem Vermerk der Staatsanwaltschaft Koblenz aus dem März 2022 nicht in Betracht. 

Anklage basiert auf Aussagen von V-Person

Die Anklage gegen die Niedersächsin basiert unter anderem auch auf Aussagen einer anderen V-Person. Demnach soll die heute 39-Jährige unter anderem ein Nahkampf-Training für den Umsturz in Aussicht gestellt haben. Dies verneinte sie ebenfalls am zweiten Prozesstag. Für die Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung.

Weitere Prozesse gegen mutmaßliche Mitglieder der „Kaiserreichsgruppe“ gibt beziehungsweise gab es laut OLG Celle vor den Oberlandesgerichten in Koblenz, Frankfurt am Main, Hamburg, Düsseldorf und München. „Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik und ihre Gesetze nicht an. Die Szene ist sehr heterogen, ein Teil wird dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet.