Polizeiliche Kriminalstatistik Weniger Straftaten - mehr nichtdeutsche Tatverdächtige
Im Gedächtnis bleiben den Sachsen-Anhaltern große Straftaten wie der Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg oder die Messerattacke in Wolmirstedt. Wie sieht die Bilanz der Polizei für 2024 aus?

Magdeburg - Die Jugendkriminalität in Sachsen-Anhalt ist wie die Gesamtkriminalität rückläufig, die Zahl der Tatverdächtigen mit Migrationshintergrund steigt allerdings. Die Straftaten der 14- bis 21-Jährigen gingen 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 6,2 Prozent auf etwa 16.300 Fälle zurück, wie aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) hervorgeht, die Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) in Magdeburg vorstellte.
Die Zahl der ermittelten jugendlichen Tatverdächtigen sank ebenfalls um 5,7 Prozent auf knapp 10.800. Gleichzeitig stieg der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen binnen eines Jahres um 9,6 Prozent auf fast 3.370. Im Bereich der Jugendkriminalität war somit fast jeder dritte Tatverdächtige kein deutscher Staatsangehöriger, genau: 31,2 Prozent. Sie kamen etwa aus Syrien (1.182), Afghanistan (345) und der Ukraine (287).
In der Statistik der Polizei ist außerdem ein Anstieg bei der Jugendgewaltkriminalität auffällig. Diesen gibt es seit 2021. Im vergangenen Jahr erfassten die Beamten fast 1.390 Fälle etwa von gefährlicher oder schwerer Körperverletzung und Raubdelikten - das waren 50 Fälle mehr als noch 2023. Und auch hier sind immer mehr Nichtdeutsche als Tatverdächtige im Fokus: Die Polizei machte ein Plus von 38 Prozent aus. Jeder dritte Tatverdächtige war im Bereich der Jugendgewaltkriminalität 2024 nicht deutsch (33 Prozent).
Interministerielle Arbeitsgruppe wurde eingesetzt
Die Zahlen sind für Innenministerin Tamara Zieschang ein Alarmsignal. Und so soll eine Arbeitsgruppe mit dem Titel „Bekämpfung von Jugendkriminalität in Sachsen-Anhalt“ Strategien erarbeiten. Beteiligt sind Experten aus Innen-, Bildungs-, Sozial- und Justizministerium. „Kriminelle Karrieren müssen mit allen Mitteln des Rechtsstaates geahndet und beendet werden“, sagte Zieschang. Bis zum Jahreswechsel 2025/26 sollen Handlungsempfehlungen erarbeitet sein.
Wie steht es um die Straftaten 2024 insgesamt?
Die Zahl der erfassten Straftaten in Sachsen-Anhalt ist zurückgegangen. Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei insgesamt 184.183 Delikte und damit 9.626 weniger als noch 2023. Das entspricht einem Rückgang um fünf Prozent.
Welche Delikte kommen am häufigsten vor?
Am häufigsten werden Diebstähle begangen. Ihr Anteil an allen erfassten Straftaten lag 2024 laut der Kriminalstatistik bei 31,7 Prozent. Ladendiebstähle gingen im Vergleich zum Vorjahr um 5,5 Prozent zurück auf rund 11.100 Fälle, Diebstähle bei Wohnungseinbrüchen waren ebenfalls rückläufig um 4 Prozent auf knapp 1.700 Delikte.
Vermögens- und Fälschungsdelikte machen in der Statistik 16,8 Prozent aller Straftaten aus. Ihre Zahl ging um gut 17 Prozent zurück auf etwa 30.900 Fälle. Vor allem gab es deutlich weniger Waren- und Warenkreditbetrug.
Leicht rückläufig um 1,4 Prozent ist der Bereich der sogenannten Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit - zusammen wurden 32.700 dieser Delikte erfasst. Dabei ging die Zahl der Körperverletzungen zurück und auch die der Bedrohungen. Allerdings wurden mehr Raubstraftaten begangen. Das waren im vergangenen Jahr etwas über 1.300 Fälle nach rund 1.270 im Jahr 2023.
Wie viele Straftaten werden aufgeklärt?
Ungefähr jede zweite. Die Statistik weist für 2024 eine Aufklärungsquote von 55,3 aus. Im Vorjahr lag sie bei 55,9 Prozent.
Und wer begeht die Straftaten?
Alles in allem hat die Polizei im vergangenen Jahr 67.886 Tatverdächtige ermittelt, davon waren rund 50.500 Männer und etwa 17.400 Frauen. Davon waren 79,2 Prozent Erwachsene, 7 Prozent Heranwachsende, 8,6 Prozent Jugendliche und 5,2 Prozent Kinder.
Was ergibt der Blick auf die Herkunft der Tatverdächtigen?
Die Statistik zeigt, dass 20.115 Tatverdächtige keine Deutschen waren. Ihr Anteil ist weiter gestiegen. Er lag laut der Polizei 2024 bei 29,6 Prozent (2023: 28,4 Prozent, 2022: 22,6 Prozent). Der Anteil der Straftaten, die sie begangen haben sollen, lag bei 15,4 Prozent an allen erfassten Straftaten. Rechnet man ausländerrechtliche Verstöße - also Straftaten, die überhaupt nur von Ausländern, nicht aber von Deutschen begangen werden können (zum Beispiel illegale Einreise) - heraus, liegt der Anteil der von nichtdeutschen Tatverdächtigen verübten Straftaten bei 12,5 Prozent. Die häufigsten Herkunftsländer sind Syrien, Rumänien, Polen und Afghanistan.
Ein noch genauerer Blick zeigt, dass es sich meistens um Zuwanderer handelt, also um Menschen, die unerlaubt oder erlaubt als Asylbewerber, mit einer Duldung, als Kontingent- und Bürgerkriegsflüchtling oder als Schutz- oder Asylberechtigte in Deutschland leben. Sie machen einen Anteil von 20,3 Prozent an den insgesamt ermittelten Tatverdächtigen im Jahr 2024 aus. Ohne ausländerrechtliche Verstöße liegt der Anteil der Zuwanderer noch bei 13,7 Prozent.
Zuwanderer begingen den Ermittlungen der Polizei zufolge fast 19.800 Straftaten - das waren 10,7 Prozent der Gesamtzahl, 2022 lag der Anteil noch bei 5,2 Prozent. Gut 6.000 der von Zuwanderern begangenen Delikte waren ausländerrechtliche Verstöße, hinzu kamen 2.900 Körperverletzungen, fast 2.830 Diebstähle und 960 Fälle von Schwarzfahren.
Wie reagiert die Politik?
Innenministerin Zieschang hält die Entwicklung für nicht hinnehmbar. Die Lösung könne auch nicht die Polizei allein liefern. „Wer in Deutschland Straftaten begeht, verwirkt sein Gastrecht und muss Deutschland wieder verlassen“, so die CDU-Politikerin. „Künftig muss gelten: Ein Täter verliert regelmäßig sein Aufenthaltsrecht, wenn er eine so schwere Straftat begeht, dass er rechtskräftig – auch auf Bewährung – zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird. Eine solche Regelausweisung gilt auch, wenn er zum zweiten Mal wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig verurteilt wird, egal ob das Urteil auf Freiheitsstrafe lautet oder nicht.“