1. Startseite
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Hörbehinderte: Zu wenige Dolmetscher für Gebärdensprache in Thüringen

Hörbehinderte Zu wenige Dolmetscher für Gebärdensprache in Thüringen

Menschen mit einer Hörbehinderung sind im Alltag auf Kommunikationshilfen angewiesen. Gebärdensprachdolmetscher spielen dabei eine wichtige Rolle.

Von dpa 02.01.2025, 06:00
In Thüringen fehlt es an Gebärdensprachdolmetschern. (Symbolbild)
In Thüringen fehlt es an Gebärdensprachdolmetschern. (Symbolbild) Christian Charisius/dpa

Erfurt - Hörbehinderte in Thüringen finden nach Einschätzung von Betroffenenvertretern nur schwer Gebärdensprachdolmetscher, die ihnen etwa bei Behördengängen oder Arztbesuchen zur Seite stehen. Aktuell stünden im Freistaat lediglich 32 dieser Fachleute zur Verfügung, teilte Manuel Löffelholz, Vorsitzender des Vereins Biling, auf Anfrage mit. Dies reiche bei Weitem nicht aus. Der Kreis der Betroffenen, die diese Kommunikationshilfe benötigen, umfasst nach seinen Angaben rund 10.200 Menschen, darunter 1.500 taube Menschen.

Neben Hörbehinderten sind auch Menschen mit Sprech- und Sprachstörungen auf Kommunikationshilfen angewiesen. Gebärdensprachdolmetscher übersetzen simultan die deutsche Lautsprache in Gebärdensprache und umgekehrt. Der dem Landesbehindertenbeirat angehörende Verein setzt sich für den Ausbau dieser Bildungs- und Informationsangebote ein.

Kein Studiengang Gebärdensprache in Thüringen

Nach seiner Einschätzung hängt der Mangel mit fehlenden Anreizen für diese Dolmetscherausbildung zusammen. So gebe es in Thüringen keinen Studiengang Gebärdensprache. Die neue Landesregierung sei gefordert, ihn einzurichten, so Löffelholz. Hörende Kinder und Jugendliche hätten zudem während ihrer Schulzeit keine Berührung mit Gebärdensprache. Ihnen fehle somit das Vorbild für eine Ausbildung in diesem Fach. Die deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Der Verein plädiert für ein Schulfach Gebärdensprache an allgemeinbildenden Schulen.

Neben Dolmetschern sind dem Vereinsvorsitzenden zufolge nur wenige Menschen ohne Hörbehinderung der Gebärdensprache mächtig. Beispielsweise kommunizierten hörende Kinder von tauben Eltern auf diese Weise. Außerhalb der Gehörlosen-Community sei dies jedoch die Ausnahme.

Probleme bei Arztbesuchen

Probleme bereitet dies etwa bei Arztbesuchen oder Krankenhausbehandlungen, wie es auch aus dem Büro des Landesbehindertenbeauftragten Joachim Leibiger hieß. Aus Sicht des Biling-Vereins sollten Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, zumindest über grundlegende Kenntnisse der Gebärdensprache verfügen. Dies gelte auch für Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei. 

Bei Behördenterminen wiederum organisierten sich Gehörlose in der Regel im Vorfeld selbst die Dolmetscherbegleitung. Über eigene Dolmetscher verfügten Behörden in der Regel nicht. Angesichts der knappen Ressourcen sei dies auch nicht unbedingt sinnvoll. 

Problematischer sei hingegen das Verhalten mancher Sozialämter bei der Bewilligung von Gebärdensprachdolmetschern oder Kommunikationsassistenzen für hörbehinderte Kinder in Kindergärten oder Schulen. „Leider ist es aktuell in einigen Sozialämtern der Fall, dass es von der Willkür der Sachbearbeitenden abhängt, ob ein hörbehindertes Kind Zugang zu Deutscher Gebärdensprache bekommt“, kritisierte Löffelholz.