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Wahlkampfauftritt Lindner watscht in Magdeburg ZDF wegen Sendung „Schlagabtausch“ ab

Bei einem Auftritt in Magdeburg zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat der FDP-Chef die Öffentlich-Rechtlichen kritisiert, eine Abstimmung seiner Partei mit der AfD verteidigt – und erneut die Auflösung des Umweltbundesamtes in Dessau gefordert.

Von Alexander Walter Aktualisiert: 07.02.2025, 17:49
FDP-Chef Christian Lindner: „Heute habe ich erfahren, dass der Sender das Publikum bei zwei ,linken Unis’ gecastet hat“.
FDP-Chef Christian Lindner: „Heute habe ich erfahren, dass der Sender das Publikum bei zwei ,linken Unis’ gecastet hat“. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Christian Lindner kommt eine halbe Stunde zu spät zum Wahlkampfauftritt in Magdeburg – die Baustellen. Umfragen sehen seine Liberalen zwei Wochen vor der Wahl bei 4 Prozent, zu wenig für den Wiedereinzug in den Bundestag.

Entmutigt wirkt der FDP-Chef, den SPD und Grüne, bis heute für hauptverantwortlich für das Ampel-Aus machen, aber keineswegs. Im Gegenteil: Vor rund 150 Gästen in der „Halber 85“ gibt sich der ehemalige Finanzminister kämpferisch:

Lindner: Publikum für ZDF-Wahlsendung bei „zwei linken Unis“ gecastet

Zum Einstieg bekommt das ZDF sein Fett weg: „Ich hatte gestern Abend Gelegenheit, unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk in all seiner Pluralität zu erleben“, sagt Lindner ironisch. Bei der Wahlsendung „Schlagabtausch“ habe das Publikum bei jedem Beitrag der Kandidaten von Linken und Grünen „frenetisch applaudiert“. „Bei FDP und CDU aber herrschte Stille“, sagt Lindner. „Heute habe ich erfahren, dass der Sender das Publikum bei zwei ,linken Unis’ gecastet hat“, sagt der 46-Jährige dann halb belustigt – halb aber auch im Ärger. Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen sei es, Politik zu thematisieren, „nicht selbst Politik zu machen“. Die Gäste im Saal, darunter viele FDP-Mitglieder, applaudieren.

Wir müssen die AfD wieder klein machen. Das schafft man aber nicht durch Lichterketten oder indem man den Menschen ihre Alltagserfahrungen ausredet. Man muss die Probleme lösen.“

Christian Lindner (FDP) in Magdeburg

Dann kommt der Partei-Chef auf die aus Sicht der Liberalen zentralen Themen dieses Wahlkampfs, eines davon: die Migration. Leute aus seinem Wahlkreis hätten ihm erzählt, dass sie nicht mehr ins Kino nach Köln fahren, weil sie sich unsicher fühlen, sagt er. In Berlin gingen Schulkinder Umwege, um „nicht abgezogen“ zu werden. Nötige Schlussfolgerung für Lindner: eine Begrenzung der Zuwanderung. „Wir müssen die AfD wieder klein machen“, sagt er. „Das schafft man aber nicht durch Lichterketten oder indem man den Menschen ihre Alltagserfahrungen ausredet. Man muss die Probleme lösen.“

Der Skandal ist doch nicht, dass die AfD zustimmt, sondern, dass sich Sozialdemokraten und Grüne einem Schulterschluss der demokratischen Mitte verweigert haben.

Dass die FDP beim „Zustrombegrenzungsgesetz“ am vergangenen Freitag dafür außer mit der Union auch mit der AfD gestimmt hat, verteidigt Lindner. „Der Skandal ist doch nicht, dass die AfD zustimmt, sondern, dass sich Sozialdemokraten und Grüne einem Schulterschluss der demokratischen Mitte verweigert haben“, sagt er. Zweites großes Thema im Saal ist die Wirtschaft: „Der Lebensstandard in Deutschland sinkt“, sagt Lindner. Und die Lage sei ernster als vor Hartz-IV Anfang der 2000er Jahre. Die Financial Times schreibe: „Das deutsche Geschäftsmodell könnte insgesamt zerbrochen sein.“

Unsere Aufgabe ist es nicht das Land in ein Industriemuseum zu verwandeln, sondern wirtschaftliche Interessen und Klimaschutz zu vereinen.

Dem SPD-Kanzler wirft Lindner vor, in dieser Lage weiter machen zu wollen wie bisher. Olaf Scholz wolle die Schuldenbremse lockern, aber nicht für Investitionen, sondern für Wahlgeschenke wie eine Mehrwertsteuersenkung. „Kamelle funktioniert am Rosenmontag, aber so kann man Deutschland nicht regieren“, sagt Lindner. Nötig aus seiner Sicht: Steuerreformen, Deregulierung, ein schlankerer Staat. Dazu gehöre auch die Reduzierung von Behörden – mit Blick auf Sachsen-Anhalt die Auflösung des Umweltbundesamts in Dessau-Roßlau mit 1.800 Stellen. Der Charme eines solchen Schritts aus Sicht Lindners: Gebe es für Prüfung und Regulierung weniger Behörden, gehe vieles schneller.

FDP bei vier Prozent? - Lindner: „Jetzt erst recht“

In Magdeburg spricht sich Lindner außerdem für ein Erreichen der Klimaneutralität nicht schon 2045, sondern – wie EU-weit geplant – erst 2050 aus. „Unsere Aufgabe ist es nicht das Land in ein Industriemuseum zu verwandeln, sondern wirtschaftliche Interessen und Klimaschutz zu vereinen“, sagt er.

Dass die FDP bei nur 4 Prozent steht? Für Lindner kein Problem. „Jetzt erst recht“, laute das Motto sagt er. Um dann mit einem Satz zu enden, der offenbart mit wem der Liberale noch eine Rechnung offen hat: „Meine größte Freude wäre es, wenn Olaf Scholz bei einem Großen Zapfenstreich verabschiedet wird und ich gleichzeitig meine neue Ernennungsurkunde zum Finanzminister erhalte.“