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  7. Mietminderung bei Zigarettenrauch: Rechte von Mietern und Vermietern

Leseranwältin Wenn’s den Nachbarn stinkt: Was Mieter gegen störenden Zigarettenrauch tun können

Exzessives Rauchen im Haus: Belästigte Mieter können in extremen Fällen Rechte geltend machen – und auch den Vermieter in die Pflicht nehmen.

Von Gudrun Oelze Aktualisiert: 21.10.2024, 09:10
Exzessives Rauchen in der Wohnung oder auf dem Balkon kann Nachbarn erheblich belästigen.
Exzessives Rauchen in der Wohnung oder auf dem Balkon kann Nachbarn erheblich belästigen. Foto: IMAGO/Petra Schneider

Magdeburg. - Kaum öffnet sie die Tür oder ein Fenster ihrer Wohnung, zieht unangenehmer Zigarettengeruch herein. Das junge Pärchen von gegenüber ist wohl Kettenraucher. Eine Beschwerde der betagten Dame aus Magdeburg-Stadtfeld beim Vermieter änderte bisher nichts. Sie fühle sich durch den „Gestank“ stark belästigt, äußerte sie gegenüber unserer Redaktion. Muss sie dies weiterhin hinnehmen?

Kein absolutes Rauchverbot: Rauchen in Mietwohnungen grundsätzlich gestattet

Dieter Mika, Rechtsanwalt des Mietervereins, verweist zunächst darauf, dass Rauchen in der Wohnung grundsätzlich gestattet sei und zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehöre. Das habe der Bundesgerichtshof bereits 2006 eindeutig geurteilt. Selbst normale Ablagerungen an der Tapete durch das Rauchen des Mieters seien nicht vertragswidrig.

„Diese sichtbaren Spuren wären lediglich als Beschädigungen der Mietsache zu werten und müssten nach den im Mietvertrag vereinbarten Schönheitsreparaturen bei Auszug des rauchenden Mieters durch Malern, Streichen, Tapezieren beseitigt werden“, meint Anwalt Mika.

Rauchen kann durch Klausel im Mietvertrag eingeschränkt werden

Jedoch bestehe auch die Möglichkeit, dass durch eine sogenannte Individualvereinbarung im Mietvertrag das Rauchen in der Wohnung einzuschränken ist. Unwirksam hingegen sei eine durch Unterschrift beider Mietparteien vereinbarte absolute Nichtraucherabrede, wenn sie als Klausel in einem Formular-Mietvertrag aufgenommen wurde.

„In einem solchen Fall darf also geraucht werden“, stellt Mika fest. Die Anfrage des Vermieters bei Vertragsabschluss, ob er Raucher sei, müsse der Mieter aber wahrheitsgemäß beantworten, könne jedoch im Verlaufe der Mietzeit sein diesbezügliches Verhalten durchaus auch ändern.

Mieter müssen Belästigung durch Rauchen beweisen

„Rauchen ist erst dann vertragswidrig, wenn es durch extensives Rauchen zu Substanzschäden an der Wohnung kommt oder sich andere Mieter durch den Qualm gestört fühlen. Dringt, wie im Fall der Magdeburger Leserin, Tabakqualm durch Türschlitze oder zum Lüften geöffnete Fenster, muss der Mieter dies nicht hinnehmen“, betont Mika. Allerdings sei die Belästigung zu beweisen – etwa durch Aufzeichnungen in Protokollen und die Benennung von Zeugen.

Damit könne man den Vermieter auffordern, den Mangelzustand innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Dies sei entweder durch Einwirken auf den Störer oder durch Veränderung mangelhafter Zustände in Wohnung und Gebäude (unzureichend schließende Fenster und Türen) machbar. Bei Belästigung durch Rauchen auf dem Nachbarbalkon haben Mieter die gleichen Möglichkeiten.

„Letztlich sind das jedoch alles Einzelfälle, in denen die Anzahl der Raucher und die Intensität der Geruchsbelästigung zu betrachten ist, was im Streitfalle durch das zuständige Gericht zu klären ist“, meint Mietrechtsexperte Mika. Besonders zu betrachten sei dabei, ob dem beeinträchtigten Mieter durch das intensive Rauchen Gesundheitsgefahren drohen und der Zigarettenqualm ein unerträgliches Ausmaß erreicht.

Mietminderung bei Zigarettenrauch: Was Sie wissen sollten

Zudem gebe es das Recht zur Mietminderung, sofern das Äquivalenzprinzip zwischen dem zugesicherten Wert der Wohnung und vereinbarter Miete gestört ist. „Eine Mietminderung muss lediglich angezeigt, nicht aber beantragt werden, der Vermieter ihr daher auch nicht zustimmen“, erläutert Mika. Die Mietminderung könne seit dem Urteil des BGH aus dem Jahre 2005 von der Bruttomiete vorgenommen werden.

„Je stärker sich der Mangel auswirkt, umso mehr darf die Miete gekürzt werden.“ Orientierungshilfen geben anhand von Beispielfällen die verschiedensten Gerichte. Letztlich ging das Amtsgericht Bremen in einem solchen Fall der Zigarettenrauchbelästigung von einer Mietminderung von 20 Prozent der Gesamtmiete aus.

Bei Prüfung und Beurteilung der Rechtslage und der Durchsetzung berechtigter Forderungen helfen der Mieterverein oder ein fachkundiger Rechtsanwalt.