Leseranwältin Viele Themen sind im Tagesgeschäft einer Redaktion absehbar
Geben Sie den Dingen gern Struktur und planen mit Vorlauf? Oder lieben Sie es, wenn Unvorhergesehenes passiert und Sie schnell handeln müssen? Sollten Sie mit beiden Arbeitsweisen gut zurechtkommen, dann würden Sie sich in der Redaktion einer Tageszeitung oder eines TV-Senders sicher pudelwohl fühlen. Hier kommt es auf beides an.
Journalisten müssen in der Lage sein, sich binnen weniger Minuten und Stunden einen Überblick zu verschaffen. Was ist passiert? Welche Folgen könnte es haben? Wer kann dazu etwas sagen? Wie erreicht man die Ansprechpartner? In welchem Umfang ist bis zum Redaktionsschluss eine Berichterstattung zu schaffen, von der Eilmeldung für die Internetseite bis zur Hintergrundanalyse für die gedruckte Ausgabe? Bei aller Kurzfristigkeit des Ereignisses – wie etwa die Nachricht vom Stillstand bei den geplanten Intel-Fabriken in Magdeburg letzte Woche – sind diese Prozesse so eingespielt, dass sie in einer erfahrenen Redaktion nahezu automatisch ablaufen.
Berechenbare Vorbereitung
Das wiederum ist nur möglich, weil es auf dem Gegenteil von Spontaneität beruht, berechenbarer Vorbereitung nach dem Motto: Was man frühzeitig erledigt, spart einem später wertvolle Zeit. Die Vorstellung, dass im Journalismus per se nichts planbar sei, ist mehr Folklore als Realität. In Wirklichkeit sind die meisten Themen absehbar. Ratssitzungen zum Beispiel sind terminiert, es gibt eine Agenda, mit deren Hilfe sich Berichterstatter auf die Debatten einstellen können. Serien wie die „Schlösser-Tour“ werden sogar Wochen vor dem Druck recherchiert. Wer für Dauerthemen wie die Klimadebatte, Wahlkämpfe oder eben die Intel-Ansiedlung zuständig ist, hat deren Entwicklungen über Monate bis Jahre im Blick.
Dieses tiefe Wissen verschafft den Vorteil, es im Akutfall rasch abzurufen und aktuelles Geschehen inhaltlich einordnen zu können. Würde man erst jetzt mit der Recherche beginnen, wäre aktueller Journalismus unmöglich.