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Leseranwältin Wenn Politiker Leserbriefe schreiben

Die Leserbriefseite ist für die Leser da. Sie bietet ihnen ein Forum, ihre Meinung zu dem, was sie bewegt, in einer größeren Öffentlichkeit zu verbreiten.

23.06.2024, 17:18
Leseranwältin Heike Groll
Leseranwältin Heike Groll VS

Was aber, wenn jemand nicht „nur“ ein Leser oder eine Leserin ist, sondern zugleich eine politische Funktion ausübt, beispielsweise Mitglied im Gemeinderat ist, und sich per Leserbrief zu Themen in der eigenen Kommune zu Wort melden möchte?

Die Volksstimme-Redaktion folgt hier im Einklang mit der Spruchpraxis des Deutschen Presserats einer Regelung, wie sie die meisten anderen Zeitungen pflegen: Leserbriefe von Mandatsträgern in eigenen Belangen veröffentlichen wir nicht.

Anders als Bürger, die keine in die Öffentlichkeit wirkende Funktion ausüben, haben Politiker, ob auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene, deutlich mehr und andere Möglichkeiten, ihren Standpunkt zu Themen zu verbreiten, bei denen sie qua Mandat mitreden und zuweilen mitentscheiden. Ihre Bühne sind beispielsweise Ratssitzungen und Bürgerversammlungen, über die die Zeitung ja in der Regel berichtet.

Anders kann die Redaktion allerdings entscheiden, wenn es in dem Leserbrief um ganz andere Themen geht, mit denen der Betreffende genauso wenig persönlich zu tun hat wie andere Privatpersonen. Auch in diesem Fall gibt es zwar kein Recht auf Abdruck eines Leserbriefs, er ist aber keinesfalls ausgeschlossen.

Wie sieht es wiederum mit einer Pressemitteilung aus, die ein Politiker an die Redaktion schickt, um seinen Standpunkt kundzutun? Er nutzt damit ein legitimes und ganz typisches Mittel der Öffentlichkeitsarbeit.

Die journalistische Sorgfaltspflicht gebietet es, in der Berichterstattung über ein bestimmtes Thema ausgewogen die verschiedenen Sichtweisen darzulegen. Je mehr der Inhalt der Pressemitteilung dazu beiträgt, weil sie einen womöglich noch nicht genannten Standpunkt aufzeigt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie Verwendung findet.

Ob sie ganz, in Auszügen oder gar nicht in die Berichterstattung einfließt, das wiederum entscheidet aber wie bei Leserbriefen allein die Redaktion.