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Leser helfen Spendenaktion „Leser helfen“: Volksstimme und Paritätischer Sachsen-Anhalt sammeln für soziale Projekte

Die Volksstimme und der Paritätische Sachsen-Anhalt starten die Spendenaktion „Leser helfen 2024“. Unterstützt werden Projekte und Initiativen, die das Leben der Menschen in Stadt und Land bereichern. Zum Beispiel das Kunstatelier der „Kunstplatte“ in Stendal.

Von Antonius Wollmann 15.11.2024, 15:46
Von links: Alexandra, Uliana, Betreuerin Natalia, Vasylysa, Bogdana und Anastasia zeigen, was sie im offenen Kunstatelier geschaffen haben.
Von links: Alexandra, Uliana, Betreuerin Natalia, Vasylysa, Bogdana und Anastasia zeigen, was sie im offenen Kunstatelier geschaffen haben. Foto: Uli Lücke

Am Anfang ist Vasylysa noch etwas gehemmt. Auf Deutsch auf die Frage des Reportes antworten? Lieber nicht, sagt die Zehnjährige und schaut Natalia Dolheimer mit großen Augen an. Die Künstlerin aber bestärkt sie, es zu versuchen. Und siehe da, die Zweifel sind unberechtigt. Mit leichtem Akzent zwar, aber total fließend erzählt das ukrainische Mädchen, warum es an diesem trüben Novembernachmittag in die werkstattähnlichen Räume des Stadtteilbüros im Stendaler Plattenbauviertel Stadtsee gekommen ist.

„Es macht mir sehr viel Spaß, mit den Stoffen zu arbeiten und Dinge zu nähen, die ich dann später benutzen kann“, erzählt Vasylysa. Heute arbeitet sie an ihrer eigenen Handtasche. So wie ihre vier Freundinnen, die ebenfalls aus der Ukraine stammen und nach dem russischen Angriff auf ihr Heimatland in der Altmark heimisch geworden sind. Die Mädchen im Alter zwischen acht und zehn Jahren besuchen Grundschulen in der Umgebung. Dort sind sie auf das spezielle Angebot aufmerksam geworden: Das offene Kunst- und Nähatelier.

Spenden für „Leser helfen“

Organisiert wird das Ganze vom Verein „Kunstplatte“, der seit 25 Jahren Kindern und Jugendlichen dabei hilft, ihre Freizeit möglichst kreativ zu verbringen. Damit passen der Verein im Allgemeinen und das Kunstatelier im speziellen perfekt zur Spendenaktion „Leser helfen 2024“ der Volksstimme und des Paritätischen Sachsen-Anhalt, die in diesem Jahr mit dem Motto „Gut leben. Überall“ überschrieben ist.

Denn die „Kunstplatte“ ist an einem Ort beheimatet, der nicht unbedingt gut beleumundet ist. Viele Stendaler rümpfen die Nase über das Stadtsee-Viertel, das vor etwa 50 Jahren in die Höhe schoss und seit der Wende eine Vielzahl seiner Einwohner verloren hat. Der Verein, das ist das erklärte Ziel, will dieser Wahrnehmung etwas entgegensetzen. Will ein Farbtupfer sein in einem Meer von Beton und den Kindern und Jugendlichen aus den Zehngeschossern vermitteln, dass sie keineswegs abgeschrieben sind, nur weil das Schicksal wollte, dass sie hier aufwachsen und nicht in den schicken Eigenheimsiedlungen auf der anderen Seite der Stadt. Das Kunst- und Nähatelier ist ein Teil davon.

„Es war ein bisschen ein Glücksfall, dass Natalia und wir zusammengefunden haben“, sagt der ehemalige Vereinsvorsitzende Bernd Zürcher. Die 43-Jährige Künstlerin mit den auffälligen Tätowierungen und dem noch auffälligeren quietschbunten Overall studiert an der Hochschule Magdeburg-Stendal Kindheitswissenschaften.

Jede Spende zählt

Nur mit der Theorie wollte sie sich aber nicht beschäftigen. Über ein Praktikum landete sie bei der „Kunstplatte“. Dort war man wiederum von den Plänen eines offenen Ateliers sofort begeistert. Ihren Ansatz beschreibt die gebürtige Kasachin so: „Ich will die Kinder ermutigen, etwas Neues zu erfinden. Sie sollen ihrer Kreativität ohne Einschränkungen freien Lauf lassen.“ Sie helfe zwar, wenn es bei der Umsetzung mal Probleme gebe, bei der Arbeit mit der Nähmaschine zum Beispiel, ansonsten sei der Rahmen bewusst locker.

„Experimente sind immer willkommen“, sagt Natalia Dolheimer. Die Teilnehmerinnen – bis dato hat noch kein Junge dauerhaft Gefallen am Angebot gefunden – müssen auch nicht unbedingt nähen. Wenn sie lieber zeichnen wollen, sei das genauso möglich. Und als wäre es abgesprochen, zeigt die achtjährige Uliana in diesem Moment das Herz, das sie auf einem A4-Blatt aus vielen verschiedenen Stickern geklebt hat. Geht es nach Bernd Zürcher, dann wird das Projekt in Zukunft auch in anderen Orten des Landkreises Stendal zu Gast sein. „Wir wollen das Atelier außerhalb der Stadt anbieten. In kleineren Städten wie Tangerhütte oder Osterburg. Oder in Dörfern, wenn das Interesse besteht.“

Ganz im Geiste von „Leser helfen“ also. Schließlich ist es laut Antje Ludwig, Landesgeschäftsführerin des Paritätischen, ein Ziel der Spendenaktion, „junge Menschen und Familien sowohl in Städten als auch auf dem Land zu fördern, um gleichwertige Lebensbedingungen zu schaffen und Chancengleichheit zu gewährleisten, unabhängig vom Wohnort.“ Durch gezielte Unterstützung können Bildungs- und Freizeitangebote verbessert und Perspektiven für die Zukunft geschaffen werden, ist sich Ludwig sicher.